GEMA – Fluch oder Segen?

Meine Erfahrungen und (ungeahnte?) Möglichkeiten

Jeder (Folk-) Musiker hat irgendwann Kontakt zur „GEMA“. Meist in Form einer Rechnung, die den Veranstalter erreicht., Eigentlich ist die Idee der „GEMA“ ganz gut: Jemand hat ein Stück komponiert oder bearbeitet, und die GEMA schaut, ob jemand anderes damit Geld verdient und zieht einen Anteil ein. Idealerweise erhält der Komponist / Bearbeiter dann den ihm zustehenden Anteil., Das Thema ist komplex und auch für verschiedene Interessengruppen sehr differenziert zu betrachten., Leider ist es so, daß seit 1999 der sogenannte „PRO“-Verteilungsschlüssel gilt, mit dem Ergebniss, daß ohne einen „Mindestumsatz“ in verschiedenen Regionen keine Ausschüttung der von der GEMA eingenommenen Gelder erfolgt. Dies hat zur Folge, daß die meisten semiprofessionellen oder Hobby- Musiker kein Geld sehen, sondern daß Dieter Bohlen oder John Lennons Nachfolger (oder andere – siehe Schlager­contest) diese Gelder bekommen., Die GEMA hat laut Urheberrechtsgesetz den Vertretungsanspruch der Musiker, die der GEMA ihre Rechte übertragen haben. Es gibt m.E. derzeit keine ernstzu­nehmende Alternative zur GEMA. , Auch gilt im Gegensatz zu den meisten Rechtsgebieten die Beweislastumkehr. Das heißt, daß die GEMA einen Anspruch hat, zu erfahren, was an einem Abend für Stücke gespielt worden sind, um daraus die Tantiemen für die Komponisten/­Bearbeiter zu ermitteln, da die GEMA einen Alleinvertretungs­anspruch der kompositorisch arbeitenden Musiker geltend macht. Die Idee „ dann mache ich es eben ohne die GEMA“ ist daher langfristig nicht zielführend., Die Errechnung des GEMA-Beitrags ergibt sich aus Raumgröße und Eintrittspreis. Der Eintrittspreis kann auch 0 sein, die GEMA verlangt auch hierfür Tantiemen. Preislisten siehe Internet., Dies hat zur Folge, daß Veranstaltungen, deren aufgeführte Titel nicht Gema-frei oder nicht alle Titel Gema-frei sind, zwar GEMA abführen müssen, aber da die Titel nicht zugeordnet werden können, Dieter Bohlen (oder andere Hupfdohlen) diese Gelder bekommen, da diese im Radio präsent sind und den Mindestumsatz überschreiten. Also: wenn Titel nicht klar „trad.“ sind oder von Komponisten / Bearbeitern sind, die der GEMA die Rechte nicht übertragen haben, kann die GEMA Gebühren verlangen. Auch wenn ein Musiker ausschlißlich seine eigenen Stücke spielt, und er „normales“ GEMA-Mitglied ist, muß der Veranstalter zahlen (Sonderregelung siehe unten)., Umgekehrt: Wenn nur „Gema-freie“ Stücke gespielt werden, kann die Gema auch keine Tantiemen verlangen.

Dazu ist zu sagen:

  1. Die GEMA kann nur Geld für etwas verlangen, wasvon ihr vertreten wird. Wenn nur Stücke gespielt werden, die echt„traditionell“ sind, bzw. die von Komponisten/Bearbeitern stammen, die ihreRechte nicht der GEMA oder einer ihrer (europäischen)Schwesterorgansisationen übertragen haben, hat die GEMA keine Rechtsgrundlage,also auch keinen Grund eine Rechnung zu stellen. Man spricht von „GEMA-freien“Stücken.
  2. Der Komponist oder Bearbeiter muß der GEMA dieRechte für diese Vertretungsform übertragen haben.
  3. Die GEMA hat mit Sicherheit keine Rechte anStücken (oder Bearbeitungen!!!), wenn der Schaffende mehr als 70 Jahre totist.
Hinweis: In der bal-folk-szene sind viele Titel im Umlauf, die geschützt sind z. B. alle Titel von „Blowzabella“, Frederic Paris, Bruno le Tron…., , Für den 2 .Fall gibt es eine wichtige Anmerkung: Man kann GEMA-Mitglied sein (womit normalerweise alle Rechte an die GEMA gehen), man kann aber auch die Rechte für die Aufführung durch Musiker von der Rechte-übertragung auf die GEMA ausnehmen (auch nachträglich)., Dann schaut die GEMA zwar, ob Radio-, Fernseh- oder Schallplattenrechte berührt sind, Live-Auftritte sind aber kein Thema., Das hat zur Folge, daß für eigene Bearbeitungen oder Eigenkompositionen bei Live-Konzerten keine GEMA-Gebühr fällig ist. Wenn also eine Gruppe/Musiker aus­schließlich Material spielen, dessen Rechte nicht bei der GEMA liegen (weil die Musiker, die die Bearbeitung oder Komposition gemacht haben, nicht ihre (LIVE!-) Rechte der GEMA übertragen haben oder trad.-Material gespielt wird) ist die Veranstaltung „GEMA-frei“. Und der Veranstalter kann die Gagen anders (sprich ohne GEMA-Gebühren) kalkulieren., Wenn man die Rechte zur Aufführung durch Musiker nicht freigibt, bedeutet dies, daß auch für die eigene Aufführung von eigenen Kompositionen oder eigenen Be­arbeitungen GEMA- Gebühren fällig werden (übrigens: wenn man GEMA-Mitglied ist, es sind sogar GEMA-Gebühren fällig, wenn man mp3- Auskopplungen eigener Stücke für die eigene Homepage ins Internet stellt!! – völlig unabhängig davon, ob das konkrete Stück bei der GEMA angemeldet wurde!). Auch wenn eigene Stücke oder Bearbei­tungen  z.B. im Rahmen eines kostenlosen Tanzübungsabends gespielt werden, will die GEMA Geld, wenn der Komponist oder Bearbeiter GEMA-Mitglied ist., Zum Punkt 3: Bei „Klassik-Musik“ sieht es häufig so aus, daß von den Original Musiker-Handschriften,- die ja oft bekanntlich wie Arztrezepte unleserlich sind – Abschriften/Interpretationen im Umlauf sind, die urheberrechtlich geschützt sind, und durch die GEMA vertreten werden. Die 70-Jahresgrenze ist daher relativ., Für Viel-Spieler und Leute mit vollständig „eigenem Programm“ hat die GEMA noch andere Alternativen der Abrechnung, hier empfehle ich den Kontakt zur GEMA („Direktabrechnung“). Alle anderern „zahlen ein“ ohne eine Chance, das Geld wieder herauszuholen. So ist das System derzeit gestaltet. Ich warte auf einen Musterprozeß., Also: Ich habe meinen GEMA-Vertrag geändert, die GEMA hat die „Aufführungs­rechte durch Musiker“ ausgenommen. Dadurch kann ich nun eigene Stücke oder eigene Bearbeitungen überall spielen, ohne daß Gemagebühren anfallen. CDs oder Rundfunk­sendungen werden nach wie vor von der GEMA vertreten. Andere können meine Stücke natürlich nun auch aufführen, ohne daß ich „Geld sehe“, aber darauf kommt es mir nicht an. Wenigstens muß ich (bzw. der Veranstalter) nichts für die Aufführung meiner Stücke bezahlen, wenn ich selbst ohnehin schon nichts bekomme., Meine Vertragsumstellung (die GEMA sieht dafür unverschämterweise einen 3-Jahres-Zeitraum vor!) habe ich zum Ende des darauffolgenden Jahres hinbekommen. Ich gehe davon aus, dass die Gema – die sich selbst kürzere Fristen einräumt – weiss, dass sie im Klagefall in Argumentationsnöte käme., , Dies ist zwar unbefriedigend, aber die einzige Chance „im System“ unnötiges „cash out“ zu vermeiden., Also: prüfe wer sich (ewig) bindet – oder ändere die Konditionen. Nichts ist unmöglich.
 
Tilman Teuscher

P.S. Der Beitrag wurde bereits 2006 veröffentlicht.

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